
Schlafmythen - Wahr oder nicht?
Dass ausreichend und erholsamer Schlaf enorm wichtig ist, ist hinlänglich bekannt. Mit den modernen Hilfsmitteln zur Überwachung des eigenen Schlafes, also beispielsweise mithilfe von Smartwatches, können mehr und mehr Informationen eingeholt werden. Und mehr Informationen führen zu mehr guten Erkenntnissen, oder? Nicht immer ist dieser Schluss richtig. Manchmal verunsichern mehr Informationen auch oder wir verlernen, auf unser eigenes Gespür zu achten. Welche Annahmen rund um den Schlaf sind also richtig? Im Folgenden betrachten wir fünf dieser Mythen im Hinblick auf ihre wissenschaftliche Belegbarkeit.
Ein Glas Wein hilft beim Schlafen.
Falsch. Alkohol vor dem Zubettgehen kann uns zwar müde machen und dadurch beim Einschlafen helfen, fördert aber Durchschlafprobleme und beeinträchtigt die Schlafqualität.1,2,3,4
Ich sollte immer zur selben Zeit zu Bett gehen und aufstehen.
Jein. Insgesamt ist das zwar empfehlenswert, betrifft jedoch vor allem die Aufstehzeiten. Zu Bett gehen sollten wir generell dann, wenn wir müde sind. Andernfalls riskieren wir, erstmal wach im Bett zu liegen und Einschlafprobleme so zu fördern.3,4,5
Ein Mittagsschlaf ist ungesund.
Das stimmt so nicht. Gerade in südlichen Ländern gehört der Mittagsschlaf zum Alltag dazu und ist dort nicht mit einer höheren Prävalenz von Schlafstörungen verbunden. Auch für Schichtarbeiter:innen kann der Mittagsschlaf eine hilfreiche Strategie im Alltag sein, um mit den Herausforderungen ihrer Arbeitszeiten einen guten Umgang zu finden. Mittagsschlaf kann bei akutem Schlafmangel helfen, indem er Schlafdruck abbaut - hier ist aber zu beachten, dass sich daraus ein negativer Effekt auf den Nachtschlaf ergeben kann. Personen mit Ein- oder Durchschlafproblemen wird daher empfohlen, auf Tagesschlaf zu verzichten und unbedingt auch das abendliche Einnicken auf dem Sofa zu vermeiden.3,4,6
Nur, wenn ich durchschlafe, kann mein Schlaf erholsam sein.
Falsch. Tatsächlich erwachen wir alle jede Nacht viele Male auf natürliche Weise und ganz unabhängig von äußeren Reizen. Expert:innen nehmen an, dass kurze Schlafunterbrechungen in der Nacht unseren Vorfahren dazu dienten, sich vor potenziellen Gefahren zu schützen. Meist können wir uns jedoch nicht daran erinnern, denn dabei wird der Schlaf nur für kurze Zeit unterbrochen.
Erst längere Wachphasen ab einer Dauer von einigen Minuten bleiben uns im Bewusstsein und stören unseren Schlaf besonders dann, wenn das Wiedereinschlafen nicht auf Anhieb funktioniert und wir folglich länger wach liegen.6,7
Im höheren Alter brauche ich nicht mehr so viel Schlaf.
Diese Annahme ist nicht korrekt. Studien zeigen, dass ältere Menschen nicht weniger Schlaf benötigen, es aber zunehmend schwerfallen kann, nachts die benötigte Schlafdauer zu erreichen. In höherem Alter ist der Schlaf, zum Teil auch aufgrund körperlicher Probleme und Beschwerden, häufiger unterbrochen und die nächtliche Schlafdauer kann sich dadurch reduzieren. Diese alterstypischen Veränderungen können jedoch häufig dadurch kompensiert werden, dass der Tagesablauf nicht mehr so stark durch Berufstätigkeit und Verpflichtungen geprägt ist und dadurch flexibler gestaltet werden kann. So ist es zum Beispiel oft möglich, einen Mittagsschlaf in den Alltag zu integrieren.8,9
Nun möchten wir den Mythen noch einige Fakten entgegensetzen:
Die Zahl der Schlafstörungen nimmt seit Jahren zu. Die Krankenversicherung Barmer gab für das Jahr 2023 an, dass 7,3 Prozent der Versicherten eine entsprechende Diagnose erhielten 10. Das ist knapp ein Drittel mehr als noch zehn Jahre zuvor. Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung wären das 6,2 Mio. Betroffene. In der Selbstauskunft liegt die Zahl noch höher. Bei einer Umfrage aus dem Jahr 2024 gab knapp die Hälfte der Befragten an, an chronischem Schlafmangel zu leiden. Das zeigt: Aufklärung und Hilfe zu gesundem Schlaf bleiben bedeutsam. Lesen Sie daher gerne in unserem Magazinartikel die gängigsten Schlafhygieneempfehlungen nach oder informieren Sie sich im Podcast zu den Zusammenhängen von Stress und Schlaf.
Quellen:
1. Gann, H, Calker, van D, Feige, B, Riemann, D. Die Bedeutung des Schlafs für gesunde Alkoholkonsumenten und alkoholabhängige Patienten. Nervenarzt, 2004;75: 431–441.
2. National Sleep Foundation. How alcohol affects the quality – and quantity – of sleep. [Internet] 2024 [zitiert 09/2024]. online abrufbar unter: https://sleepfoundation.org/sleep-topics/how-alcohol-affects-sleep.
3. Deutsche Gesellschaft für Schlafmedizin. Patientenratgeber der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). AG Insomnie. Ein- und Durchschlafstörungen. 2021. online abrufbar unter: https://www.dgsm.de/fileadmin/patienteninformationen/ratgeber_schlafstoerungen/03_DGSM-Ein-und-Durchschlafstoerungen_barrierefrei.pdf
4. Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e.V. (DGSM). S3-Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen – Insomnie bei Erwachsenen, Langfassung. [Internet] 2017. Verfügbar unter: AWMF Leitlinienregister
5. Möhrle, K. Schlaf, Schlaflosigkeit und Depression – Bad Nauheimer Gespräch mit Professor Dieter Riemann. [Internet] 2021. Hessisches Ärzteblatt, 2021;5. online verfügbar unter: . https://www.laekh.de/heftarchiv/ausgabe/artikel/2021/mai-2021/schlaf-schlaflosigkeit-und-depression
6. Crönlein, T, Galetke, W, Young, P. Schlafmedizin 1x1. 2. Auflage. Berlin: Springer; 2020.
7. Binder, R, Schöller, F, Weeß, H-G. Therapietools Schlafstörungen. Weinheim: Beltz-Verlag; 2020.
8. Dr. Weeß, H-G. Die schlaflose Gesellschaft. Stuttgart: Schattauer Verlag; 2016.
9. DGSM. Patientenratgeber der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). AG Geriatrie. Schlaf im Alter. 2021. online abrufbar unter: https://www.dgsm.de/fileadmin/patienteninformationen/ratgeber_schlafstoerungen/08_DGSM-Schlaf-im-Alter_barrierefrei.pdf
10. Barmer. Barmer-Analyse – Schlafstörungen nehmen weiter zu. [Internet] 2023. [zitiert 05/2025]. Online verfübar unter: https://www.barmer.de/presse/presseinformationen/pressearchiv/barmer-analyse-schlafstoerungen-nehmen-weiter-zu--1243652
11. ResMed. Eine Welt in der Schlafkrise: Die 2024 ResMed Global Sleep Survey deckt auf. [Internet] 2024. [zitiert 05/2025]. Online verfügbar unter: https://www.resmed-healthcare.de/news/eine-welt-in-der-schlafkrise-die-2024-resmed-global-sleep-survey-deckt-auf/